Von Lark nach Rhunath

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Die immer noch weite Kreise ziehende Geschichte einer Gruppe Holzfäller, die nicht aus dem Wald zurück kam, war auch im „furchtlosen Zwergen“ an diesem Abend bestimmender Gesprächsstoff. Eine einzige Überlebende hatte sich blutüberströmt nach Lark gerettet und sollte sich seitdem hier aufhalten. Zu dem furchtbaren Ereignis hat auch Imogen einige Details beizusteuern. Sie war es, die sich mit einem Trupp Elfen von Rhunath aus, genau diesem Schauplatz genauer ansehen sollte – „Befehl von König Morvanatt“ – um die Hintergründe aufzuklären. Doch auf dem Weg dorthin wurde die Hälfte der Mitglieder des Trupps von Pfeilen getötet, die genauso aussahen wie die, die vermeintlich die Holzfällertruppe erledigt hatten. Und Imogen, deren Pfeile ebenfalls starke Ähnlichkeit mit den Mordutensilien hatten, stand dort im Wald plötzlich vor dem Problem, mit Indizien in Händen, die sie selbst in die Sache verwickeln könnte, in größte Erklärungsnot zu geraten und beschloss, erst einmal bei den Menschen unter zu tauchen. Natürlich bestritt Imogen auch hier in Lark jegliche Verwicklungen.

In allen Auseinandersetzungen der letzten Tage waren jedenfalls Elfenpfeile im Spiel. Imogen ist überzeugt, dass der komplette Überfall inszeniert war und mit den Elfen von Anraii gar nichts zu tun hatte. Wieso sollte sonst der Spähtrupp der Elfen, die angeblich die Menschen auf dem Gewissen hatten, von den gleichen Pfeilen überfallen worden sein? Durrak fing sofort an, seine eigene Theorie zu spinnen, wurde aber von den anderen zunächst kaum beachtet. Xander war immer noch nicht über Xannrys Verzweiflung hinweg, Imogen verstand nicht, warum man ihren Worten nicht sofort unzweifelhaftes Vertrauen schenken wollte und Zurgin – stellte schon wieder die Geduld einiger Gäste auf die Probe, als er deren Schwerter und Rüstungen nach neuen Klängen und unbekannter Akustik hin untersuchte.

Da die Beweislage angesichts des Überfalls im Wald nicht besonders schlüssig war, beschloss die bunt zusammengewürfelte Gruppe, nachdem sie sich mit einem halben Dutzend Zelten und Schlafsäcken eingedeckt hatte – die mietbaren Betten der Stadt waren ja schon komplett vergeben – nach dieser überlebenden Holzfällerin zu suchen, um wenigstens die Aussage einer Zeugin der ersten Stunde aus erster Hand zu bekommen. Die Nachforschungen waren auch nicht besonders schwierig, da sich nicht nur der Wirt an den alten, kauzigen Cirdan erinnern konnte, der wenigstens für ein paar Tage ein Zimmer für die wenig beneidenswerte Mönchin zur Verfügung stellen konnte.

Nach nur wenigen Fragen war das Haus am Rande der Stadt lokalisiert und Xander klopfte trotz der späten Stunde kräftig gegen die massive Holztüre. Nach wenigen Minuten regte sich endlich etwas und ein verschlafen wirkender, älterer Halbelf öffnete. „Was wollt ihr? Wer seid ihr?“ – „Wir suchen die Holzfällerin.“ „Hat sie noch einen Pfeil aufgehoben?“ „Die wohnt doch bei Euch.“ Die Fragen gingen kunterbunt durcheinander und Cirdan machte unvermittelt erst einmal einen kleinen Schritt zurück. Schließlich führte Durrak das Wort und nach einigem Hin und Her war klar, dass die Gruppe mit Yue Fei Lian sprechen wollte, die sich inzwischen leise aus ihrem Zimmer in den Flur geschlichen hatte und die Szene erst argwöhnisch, dann aber immer stärker wohlwollend beobachtete. Immerhin waren da draußen mehrere Personen verschiedenster Rassen, die sich alle brennend für ihr Schicksal zu interessieren schienen. Nach einem ausgiebigen Tanken von Selbstbewusstsein trat sie nach draußen und begrüßte die Ankömmlinge auf ihre Art. „Ich bin die, die ihr sucht, man nennt mich Yue Fei, in der Tat habe ich den heimtückischen Anschlag auf unsere Gruppe nur knapp überlebt, was interessiert Euch denn so sehr an meiner Geschichte?“ „Wir wollen herausfinden, wer oder was hinter diesem Anschlag steckt, wir glauben nicht so richtig daran, dass die Elfen plötzlich feindselig geworden sind.“ „Tja, ich weiß nur, dass wir lediglich das taten, was uns von Graf Ferron geboten wurde und dorthin gingen, wo die Karte …“ „Welche Karte? Können wir die mal sehen?“

Noch bevor ein richtiges Gespräch zwischen den Abenteurern und Yue Fei entbrennen konnte, fuhr Cirdan dazwischen: „Haaaallo! Könnte ich bitte wieder in mein Bett?“ Auf diesen Zwischenruf hin beschlossen die Diskutierenden den Unbeteiligten Cirdan seinen wohlverdienten Schlaf zu gönnen und Yue Fei schnappte sich ihre Habseligkeiten und schloss sich kurzerhand der bunten Truppe an. Wenig später waren sechs Gestalten auf dem Rückweg zum „furchtlosen Zwerg“ dabei, den Pfeil, den Yue Fei aus ihrem Allerwertesten gezogen bekommen hatte, mit dem von Imogen aus dem Wald mitgebrachten Pfeil zu vergleichen und konnten nun aus erster Hand feststellen, dass die Pfeile sich extrem ähnlich sahen. Imogens Theorie war plötzlich gar nicht mehr so weit hergeholt. Als man sich einig war, die Geschichte nicht auf sich beruhen zu lassen, sondern weitere Nachforschungen anstellen zu wollen, durchbrach ein Schrei die dunkle Nacht.

Aussenposten Lurandiel

Mike war heute ziemlich gelangweilt. Da kam es ihm gerade recht, dass er einen augenscheinlich sehr bequemen Auftrag bekam. Zwar zog sich der über mehrere Tage und auch weit in die Nacht hinein, da war es um seinen Schönheitsschlaf nicht besonders gut bestellt, aber er sollte lediglich eine Ladung Pfeile nach Lark transportieren, diese an eine Kontaktperson übergeben und dabei keinem der Soldaten, die bereits in Lark stationiert waren, einen Grund zu einer genaueren Überprüfung geben. Total einfach. Er kannte mehr als nur einen Schleichweg in die Stadt und seinen Kontakt sollte er in den einfach zu erreichenden nördlich gelegenen Randregionen treffen. Das sollte also überhaupt kein Problem darstellen. Und dafür bekam er 100 Goldmünzen! 20 davon sogar im Voraus. Allein die Vorauszahlung war mehr als er hier im Grenzgebiet in einem Monat auf den Kopf hauen konnte. Klar, dass er diesen Auftrag ohne zu Zögern annahm. Die Pfeile besorgte er in Rhunath, die Fahrt nach Lark auf seinem Pferdewagen schaffte sein Gespann locker in zwei Tagen, so dass er guter Hoffnung war, bereits nach vier Tagen den Rest seiner Belohnung zu kassieren. Doch da hatte er noch nicht mit so vielen Soldaten gerechnet, wegen denen er doch immer wieder Zwangspausen einlegen musste.

lurandiel

Trotzdem erreichte er nach zwei Reisetagen die Außenbezirke von Lark, versteckte seinen Wagen flüchtig und versuchte, seinen Kontakt ausfindig zu machen. Dazu begab er sich in die ihm genannte Scheune und rief das Codewort „Elfenpfeile“. Etwa 15 Sekunden später steckten drei solche in seinem Rücken und ein weiterer durchbohrte kurz darauf seinen Kopf. Dass die Pfeile von seinem Wagen dennoch nur wenig später zum Einsatz kamen, mit vor Öl triefenden und in Brand gesetzten Anhängseln versehen, machte Mikes Tod nicht wirklich angemessener.

Nächtlicher Zwischenfall

Die Schreie kamen fast gleichzeitig mit den ersten Flammen, die von einem am Stadtrand stehenden Wohnhaus in die Höhe schlugen. Nicht weit von dem Haus entfernt erblickten die geübten Augen von Imogen im Schatten einer Baumgruppe eine Gruppe von Gestalten, die weitere Brandpfeile auf die umliegenden Häuser abfeuerten. Ohne zu zögern machte sich Xander auf den Weg, die Bogenschützen zu vertreiben, dicht gefolgt von Xannry und Durrak. Zurgin hatte wegen seinen dutzenden Werkzeugen offenbar die Übersicht verloren und gab seltsame Geräusche von sich, während er auf seinen kurzen Beinen versuchte, den Anschluss nicht zu verlieren. Lustigerweise konnten die nach außerirdischen Geräuschen anmutenden Töne, die Zurgin durch seine Gerätschaften erzeugte, seine Begleiter zu noch entschlossenerem Eingreifen ermutigen.

Schon nach wenigen Augenblicken tönten erste überraschte Rufe von der kleinen Baumgruppe hervor und Durrak beschleunigte seine Schritte, während Xander auf einmal von Hilferufen aus dem nun brennenden Haus abgelenkt wurde. Da Imogen bereits begonnen hatte, das Fern-Feuer zu erwidern und Xannry die Bogenschützen beinahe erreicht hatte, begaben sich Yue Fei und Xander auf Rettungsmission ins brennende Haus. Zurgin hatte endlich zu den anderen aufgeschlossen und inspizierte zusammen mit Durrak einen fehlgeleiteten Brandpfeil, der die erwartete Ähnlichkeit mit den Elfenpfeilen des Überfalls aber vermissen ließ.

Aus einiger Entfernung waren nun auch Soldaten von König Whowood zu mehreren kleinen Gruppen aufgetaucht und gemeinsam war das Feuer schnell unter Kontrolle gebracht. Die Angreifer waren sich ihrer aussichtslosen Lage bewusst geworden und hatten die Flucht angetreten, noch bevor Xannry sie aus der Nähe betrachten konnte. Ohne Unterstützung gab auch er die kaum erfolgversprechende Verfolgung bald auf und kehrte zu den nun in großer Zahl zusammen gelaufenen Stadtbewohnern zurück, die die Soldaten mit allerlei Fragen bedrängten, auf die diese auch keine Antworten hatten, sondern achselzuckend auf Graf Ferron verwiesen.

Dieser tauchte kurze Zeit später höchstpersönlich am Tatort auf und wollte umfassend über die Vorkommnisse informiert werden. Auch die sechs Abenteurer, die sich erst vor Stunden die Verhinderung eines solchen Chaos auf die Fahnen geschrieben hatten, drängten sich hinzu und berichteten aus ihrer Sicht von den Geschehnissen. Da sie auch Parallelen zu dem einige Tage zurückliegenden Angriff auf die Holzfällertruppe einfließen ließen, beschloss Ferron, ihnen etwas mehr Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen und bat sie, ihn in sein Haus zu begleiten. Da sich auch Durrak, Imogen, Xannry, Xander, Yue Fei und Zurgin nach offiziellen Informationen sehnten, nahmen sie das Angebot gerne an und folgten der kleinen Delegation, bestehend aus Ferron und einer Miliz aus sechs Soldaten ins Stadtzentrum.


Was sie dann von Graf Ferron bekamen, war jedoch nicht die erhoffte Belohnung für das Vertreiben der mutmaßlichen Terroristen, aber doch immerhin einen Kredit in Höhe von 100 Goldmünzen als Vorschuss auf ihr Versprechen, die überhand nehmenden chaotischen Ereignisse zu untersuchen und auf deren Eindämmung hinzuwirken. Außerdem bekamen sie das von Yue Fei erwähnte Dokument zur Ansicht, welches von König Raynouard Whowood ausgestellt war und den Menschen das Holz schlagen im Wald von Anraii explizit gestattete, ja sogar befahl. Da weder Zurgin noch Xander dem Dokument die Authentizität abstreiten konnten, wurde nach intensiver Diskussion der Entschluss gefasst, dem Elfenkönig einen Besuch abzustatten, um die Sachlage zu erläutern und die Rüstungsaktivitäten auf beiden Seiten zu verlangsamen und im Idealfall sogar zum Einstellen zu bringen. Aufgrund der schon weit fortgeschrittenen Stunde war aber zuallererst eine Ruhephase bis zum Morgen angesagt. Die Zelte waren schnell aufgebaut und nach nur wenigen Minuten schliefen alle friedlich im Garten des „furchtlosen Zwergs“.

Diplomatische Mission

Am nächsten Morgen war von den Ereignissen der vergangenen Nacht natürlich allerorten die Rede, aber die Abenteurer wollten keine Zeit für ihre diplomatische Mission verlieren und traten ihren Weg nach Norden direkt nach dem einfachen Frühstück an. Vorbei an der kohlrabenschwarzen Ruine, wo letzte Nacht das Feuer gewütet hatte, durch die wenigen Felder, auf denen noch der Tau der Nacht lag und im Licht der Morgensonne wie tausende Diamanten glitzerte, bis hin zu den ersten hohen Buchen des Elfenwaldes, die gleichzeitig eine unsichtbare Grenze zwischen dem Einflussgebiet König Whowoods und dem von König Morvanatt begründeten.

Ein paar Schritte weiter und eine beinahe hemmende Dunkelheit erfasste die Wanderer. „Können wir nochmal bei dem Ort des Überfalls vorbeilaufen?“, fragte Durrak unvermittelt. „Warum nicht, ein großer Umweg sollte es nicht sein“, erwiderte Imogen. „Na dann, auf geht’s“, versuchte Xander, die Stimmung etwas zu heben, während Yue Fei mit zweifelhaftem Blick daran dachte, ob sie den Ort, der ihr die bisher schlimmste Lebenserfahrung beigebracht hatte, tatsächlich schon wieder besuchen wollte, aber sie verzichtete auf einen Widerspruch. Eine knappe Stunde später trafen sie an der Lichtung ein, die Imogen gleich wiedererkannte und den Gefährten erklärte, aus welcher Richtung die Angreifer kamen und wo die Holzfäller standen, als die ersten Pfeile durch die Luft flogen. Yue Fei stand nur wie versteinert am Rand und blickte fassungslos auf die vor ihrem Auge erneut lebendige Szene, als links und rechts Menschen starben, während sie mit großem Glück und dennoch schwer verletzt ihr Leben retten konnte. Die anderen sahen nur Bäume, durch deren Wipfel die Sonnenstrahlen spielten, als wäre nie etwas derartiges passiert.

Die frischesten Spuren, die Imogen erkennen konnte, stammten von ihren ehemaligen Begleitern aus Rhunath, die wohl ebenfalls einige Schlüsse gezogen hatten und vermutlich in Richtung Jinnathi weiter gezogen waren. Da schnell klar wurde, dass der Ort keine zusätzlichen Geheimnisse mehr preisgeben würde, die nicht schon den Weg in die bekannte Welt gefunden hatten, zogen die Amateurdiplomaten weiter den Spuren des Spähtrupps hinterher und damit noch tiefer in den Elfenwald hinein.

Anfangs war es noch einfach, den Spuren der offenbar nicht besonders auf Heimlichkeit bedachten Stoßtruppe zu folgen, aber mit jeder Überquerung eines Streifens aus hartem Waldboden oder eines kiesbedeckten Bachlaufs wurde es schwieriger für Imogen, die Richtung festzumachen, bis sie nach einigen Stunden verschämt aufgeben musste. Wie die Gruppe allerdings nach kurzer Rast und angestrengter Beratschlagung feststellen musste, waren sie selbst schon seit einiger Zeit beobachtet worden und wurden nun auch von einem Elfen, wenngleich aus sicherer Entfernung, angesprochen: „What are you looking for? Who are you?“ Ein Elf, der nach einhelliger Meinung nur aus dem nahe gelegenen Jinnathi stammen konnte, stellte die Eindringlinge, ohne einen Hauch näher als unbedingt nötig zu treten, zur Rede. Imogen antwortete spontan: „In guter Absicht!“ Die anderen pflichteten ihr bei und beteuerten sogleich die Dringlichkeit ihrer diplomatischen Mission, auf der sie sich befanden. Ihre Bitte um wohlwollende Unterstützung auf dem Weg durch das Elfenreich konnte der Späher nicht ohne Rücksprache gewähren, erlaubte der Gruppe aber ein Camp außerhalb von Jinnathi aufzuschlagen. Er versprach, die Führer von Jinnathi so schnell wie möglich zu einer Entscheidung zu drängen.

Der Elfenwald aus Abenteurersicht

Während Imogen schnell eine passende Baumgruppe ausfindig machte, die einen unliebsamen Besuch bei Nacht etwas weniger wahrscheinlich werden ließ, kümmerte sich Zurgin erst einmal um seine Messinstrumente und begann den Staub der sich unweigerlich auf oder in dem ein oder anderen Hörrohr oder Hämmerchen gebildet hatte, fein säuberlich mit einem kleinen Pinsel zu entfernen. Xannry versuchte in dieser Verschnaufpause zum ersten Mal seine Wandlung vom Lausbuben einer Kommune zum Abenteurer quasi im Feindesland zu begreifen und begann ein wenig schüchtern ein Gespräch mit Yue Fei, die nach wie vor nicht recht wusste, ob diese Reise nach Rhunath denn wirklich ihre Bestimmung sei. Da aber auch Xander, ein heiliger Mann einer fremden Welt und Durrak, ein Zwerg aus dem hohen Norden die Idee, eine diplomatische Lösung bei den Elfen zu suchen, für den richtigen Weg hielten, war sie zumindest nicht alleine und Gesellschaft half ihr, ihre Gedanken von den schrecklichen Ereignissen der Vergangenheit abzulenken.

Als nach einem Abendmahl aus mitgebrachten Vorräten die Zeit der Nachtruhe begann, einigte man sich schnell darauf, dass zu jeder Zeit wenigstens vier Augen wachen sollten, damit der Rest sich, schlafend oder nicht, wenigstens sorgenfrei erholen konnte. Diese Vorsichtsmaßnahme sollte denn auch Früchte tragen, als sich kurz vor Mitternacht, nachdem das Feuer weitgehend abgebrannt war, plötzlich mehrere Augenpaare aus der Dunkelheit um das Lager schlichen und noch bevor Xannry Durrak fragen konnte, ob er auch etwas bemerkt hatte, waren die Wölfe auch schon über die Gruppe hergefallen. Glücklicherweise hatte Imogen in der Tat eine gut zu verteidigende Baugruppe ausgewählt, so dass fast alle Kameraden wach waren, bevor der erste Wolf seine Zähne in Zurgins Arm verbeißen konnte. Das anschließende Gemetzel hinterließ an allen Recken Spuren, aber die gemeinschaftliche Anstrengung genügte, um die zwei Wölfe unschädlich zu machen. Lediglich Zurgin erlebte eine höchst unangenehme Erfahrung, da er vor lauter Schmerzen durch den Biss bewusstlos wurde und von Xanders Heilfähigkeit durch Handauflegung noch während des Kampfes vor Schlimmerem bewahrt werden musste. Später konnte er durch ein Gebet aber komplett geheilt werden.


Am nächsten Morgen war die Spannung groß, wie die Entscheidung der Elfen nun ausgefallen war, insbesondere, da auch noch die Bitte im Raum stand, der Gruppe eine Begleitung mit auf den Weg zu geben, um keine unliebsamen Konfrontationen mit den Bewohnern des Reiches zu erleben, wie es selbst der Elfe Imogen passiert war. Was sollte da erst einer aus Menschen, Halbelf, Gnom und Zwerg bestehenden Gruppe widerfahren in diesen unwägbaren, unsicheren Tagen.

Etwa zwei Stunden nach Sonnenaufgang war es soweit. Der Elf, den man gestern angetroffen hatte, tauchte in Begleitung einer weiteren Person auf und verkündete, dass die Gemeinschaft von Jinnathi beschlossen hatte, dass die diplomatische Mission als solche gutgeheißen wurde und sich Liali bereit erklärt hatte, die Gruppe bis Rhunath zu führen, und sie auf dem kürzesten und sichersten Weg dorthin zu bringen. Um nicht einen weiteren Tag zu verlieren, brach man sofort auf und legte dank Liali auch gut Strecke zurück. Als es bereits auf den Sonnenuntergang zu ging, vernahm die Gruppe plötzlich Hilferufe. „Help! Help! We’re assaulted, up in the tree!“

Nur Sekunden nach dem ersten vernommenen Schrei, waren die Abenteurer auch schon unterwegs zur Quelle der Rufe. Nach etwa 100 Metern durch Gestrüpp und Unterholz erreichten sie die Szene, die den Grund der Hilferufe erklärte. Zwei Elfenknaben, vom Alter her vermutlich gerade mitten in der Pubertät, befanden sich auf einem hohen Baum, unter dem zwei aggressive Wildschweine und ein Hüne in aufgebrachter Stimmung die beiden in Bedrängnis brachten. Die beiden Eber waren dabei, den Baumstamm mit ihren Hauern zu fällen, während der groß gewachsene Mann die beiden immer wieder aufforderte, den Baum zu verlassen, was sie jedoch tunlichst sein ließen.

Als Xander auf die Lichtung trat, kehrte für einen Moment Stille ein. Durrak forderte den Mann auf, zu erklären, was hier los sei und das tat derjenige dann auch, wenn auch in sehr holprigem Elfisch. Angeblich hätten die Jungs ihn und seine Begleiter mit Pfeil und Bogen malträtiert, bis er beschlossen hatte, ihnen eine Lektion zu erteilen. Was auch immer die Lektion sein sollte, es sah ernst aus – todernst. Damit waren Xannry und die anderen ganz und gar nicht einverstanden, sondern verlangten den sofortigen Stopp der Aktion. Dafür waren nun wiederum die drei Wilden nicht zu begeistern und so kam es nach kurzer, heftiger Diskussion zum Unausweichlichen.

Wer den ersten Stein geworfen hatte, war später nicht mehr klar, aber als die diplomatischen Bemühungen am Ende waren, übernahmen Waffen, Klauen und Zähne die Auseinandersetzung auf ihre Weise. Diesmal war Durrak schneller mit einem Ruf nach Kords Stärke zugegen und seine Gestalt wuchs schon nach wenigen Aktionen auf die doppelte Größe an, wodurch seine Hiebe deutlich mächtiger auf die Schweine einprasselten. Xannry stellte nach den ersten Pfeilen fest, dass seine Pfeilspitzen die harte Haut der Eber nicht einmal ansatzweise durchdringen konnten, aber Lialis Pfeile rissen deutliche Wunden. Da fiel ihm auf, dass deren Pfeilspitzen mit einem silbrigen Glanz ausgestattet waren und bat mit einem gehetzten Ruf um einige Leihgaben. Nicht nur Xannry, auch Imogen bediente sich von da an aus Lialis Köcher und im Zusammenspiel der Fernkämpfer mit Durrak und Xander wurde eines der Wildschweine schnell erlegt. Seltsamerweise verwandelte sich die tote Sau in einen barbarisch anmutenden Elfen, nichtsdestoweniger tot.

Zeit, diese Information in Ruhe zu diskutieren war jedenfalls nicht, da nun die Gegner ihrerseits sowohl Zurgin als auch Xander schmerzhafte Wunden beigebracht hatten. Zurgin, von Haus aus etwas schwächlicher unterwegs als der hochgewachsene Halbelf, fiel erneut in Ohnmacht und wurde augenblicklich von Durraks großer Gestalt von den beiden verbliebenen Gegnern abgeschirmt. Durch sein Vorpreschen in die erste Kampfreihe blieb auch Durrak nicht von den Bissen und Klauen der Wildschweine verschont.

Inzwischen war auch den meisten klar geworden, dass die mit Säbeln bewaffneten Elfen Werwildschweine waren und deren Krankheit – im Volksmund Lykanthropie genannt – höchst ansteckend und durch Biss übertragbar war. Durrak war bereits mehrmals gebissen worden, zeigte aber bisher keine Anzeichen einer Ansteckung, Xander und Zurgin hatten bisher nur Säbeltreffer einstecken müssen und waren demnach noch nicht von dem Fluch bedroht. Liali legte inzwischen den vierten Pfeil auf die Sehne ihres Kurzbogens und erlegte den zweiten Eber mit einem glatten Kopftreffer, während Durrak nochmals allen Mut, der nicht zuletzt von Zurgins auch diesmal angestimmten Akustik-Mix gehoben worden war, zusammen und schaffte es, mit seinem Zweihänder und seiner göttlich vergrößerten Gestalt und Stärke den tödlichen Schlag gegen den Anführer zu setzen.

Der kurze, aber heftige Kampf hatte nicht einmal eine Minute gedauert, sein Ausgang ließ am Ende die zwei jugendlichen Elfen aber tief durchatmen. Thumor und Ommos war die Erleichterung anzusehen, dass sich ihr in jugendlichem Leichtsinn durchgeführter Streich, die Trampelpfade der Wildschweine nach Zielübungsobjekten abzusuchen, sich nicht zu einem fatalen Fehler entwickelt hatte. Denn die Schweine, die sie heute mit ihren Pfeilen kitzeln wollten, waren eben keine zahnlosen Braten für die heimische Küche, sondern Werwesen, die nach kurzer Findungsphase gnadenlos zurück schlugen.

Haggash’s Geheimnis

Für die Rettung aus höchster Not zeigten sich die beiden Elfen jedoch äußerst dankbar und luden die Gruppe in die Herberge ihres Vaters Tal Usolgani, die wenige Meilen vor Rhunath nahe eines kleinen Dörfchens namens Haggash lag. Da für die Gruppe inzwischen sowieso die Zeit gekommen war, eine Übernachtungsmöglichkeit zu suchen, nahmen sie das Angebot sehr gerne an und begleiteten die beiden zu dem Gasthof. Dabei waren sie angesichts des immer schlechter werdenden Wetters auch am Ende recht flott unterwegs und kamen gerade noch rechtzeitig, bevor ein Platzregen die Gegend heimsuchte, in der trockenen Unterkunft an.

Tal Usolgani, der nur wenige Gäste im Schankraum sitzen hatte, war hoch erfreut, seine Söhne wiederzusehen, insbesondere als er ihr unfreiwilliges Abenteuer aus erster Hand erfahren musste. Seine Schwester Assa bereitete sogleich Zimmer für die Helden vor und kochte eine leckere Mahlzeit, die die sieben gerne zu sich nahmen. Als sie sich hungrig über das Essen hermachten, hielt es Tan offenbar für gute Manieren, die Reisenden mit einer Geschichte zu unterhalten, als er sagte: „Eigentlich bin ich ja kein Plappermaul, aber Eure Geschichte passt einfach wie die Faust aufs Auge zu den ganzen seltsamen Kreaturen, die hier in letzter Zeit so durch Haggash kamen. Naja, eigentlich schlimmer, manche kamen nicht durch, sondern eigentlich nur her.“

Nach dieser geheimnisvollen Einleitung machte er sich jedoch erst einmal wieder auf den Weg hinter die Theke und widmete sich eifrigst dem Putzen bereits sauberer Gläser, nur um wenig später wieder wie zufällig am Tisch der Abenteurer vorbei zu schlendern. Der interessierte Blick von Imogen und die neugierigen Augen von Zurgin waren offenbar schon genug, um seine Zunge ein weiteres Mal zu lösen. „Eine Gruppe von Brüdern – ihr wisst schon – die von der religiösen Sorte, tauchte hier vorgestern auf. Die stecken ihre großen Nasen seitdem in alles mögliche. Sprechen tun sie aber gar nicht – man kann sie einfach nicht zum Reden kriegen. Ich glaube, die führen nichts Gutes im Schilde. Aber, was weiß ich schon von solchen Dingen.“

Sofort entbrannte eine weitere Diskussion am Tisch. Xander, Yue Fei und Zurgin wollten sich möglichst nicht mehr nach draußen in den inzwischen heftig nieder rauschenden Regen begeben, sondern zogen sich nach kurzer Verdauungsphase höflich, aber bestimmt auf ihr Zimmer zurück. Durrak schloss sich dieser Gruppe, nachdem er noch in aller Ruhe sein Bier ausgetrunken hatte, ebenfalls an. Imogen bat derweil den Wirt, mehr Informationen über die Ankömmlinge herauszurücken, worauf er ausweichend davon sprach, zwar noch mehr zu wissen, es aber besser sei, nichts mehr zu verraten. Damit hatte er allerdings bei Imogen kein Glück. Sie hielt ihm zwar nicht gleich ein Messer an die Kehle, aber bedrängte ihn dennoch stark genug, dass er schließlich kleinlaut zugab, tatsächlich nichts mehr zu wissen, aber eventuell jemand anders im Dorf vielleicht noch etwas gesehen haben könnte.

Liali, Xannry und Imogen machten sich dann doch noch auf, um wenigstens einen Blick auf das Dorf ergattern zu können und stiegen dazu auf den Hügel, der sich, wie Imogen von ihrer früheren Reise noch wusste, Durhams Hügel genannt wurde, nach dem Priester Durham, der in Haggash ein Kloster erbaut hatte und letztlich auch hier begraben wurde. Der Regen jedoch war immer stärker geworden und verhinderte sehr effektiv eine ungetrübte Sicht auf Haggash. Dennoch konnte Imogen Gestalten zwischen den Häusern umher huschen sehen. Ein Zauberspruch, der es Xannry erlaubte, Magie zu spüren, verriet ihm, dass nicht nur Lialis Ring magische Energie beherbergte, sondern auch unter dem Hügel, Durhams Hügel, eine seltene, sehr starke Magie, mit Elementen aus mehreren verschiedenen Schulen, vor sich hin schlummerte. Da die müden Abenteurer jedoch eine Konfrontation mit den nachts bei miesestem Wetter umher huschenden Gestalten scheuten, begaben sich Imogen, Xannry und Liali wieder zurück in die Herberge und erholten sich in den bequemen Betten von dem anstrengenden Tag.

Seltsame Besucher

Am nächsten Tag beim Frühstück im Schankraum ergab eine Nachfrage von Xannry bei Tan, dem Wirt, dass der Hügel wohl vor langer Zeit ebenfalls bewaldet war, zumindest solange das Kloster noch nicht erbaut worden war, den sehr kargen Bewuchs wohl erst seit dessen Errichtung zeigte. Aber das Thema des Morgens war ein anderes. Es waren nicht nur Übernachtungsgäste zugegen, auch der ein oder andere Dorfbewohner gönnte sich ein gutes Frühstück. Die meisten Leute scharten sich dabei um Cerris, einen der Dorfbewohner, der erst früh morgens von seiner Arbeit ins Dorf zurückgekehrt war. „Als ich heute früh auf dem Heimweg an der Abtei vorbei kam, wie jedes mal, sprach ich ein kleines Gebet. Warum? Das mach ich schon immer so. Egal, als ich näher kam, hörte ich Geräusche, die sich kaum anders beschreiben lassen, als wenn jemand mit einer Schaufel in die Erde sticht und Erde bewegt. Als ich an der Tür klopfte, um heraus zu finden, ob etwas faul sei, hörten die Geräusche aber sofort auf. Schließlich kam der alte Dosol zur Türe, aber nicht allein. Sein Begleiter war dieser Typ… zumindest glaube ich, dass es ein Mann war. Ziemlich hässlich. Trug eine lange Robe, aber seine riesige Nase konnte ich trotzdem sehen, obwohl er die Kapuze weit ins Gesicht gezogen hatte. Dosol sagte, dass alles in Ordnung sei und dass ich nach Hause gehen sollte, weil es schon spät sei.“ Da stand einer der Zuhörer auf und fragte voller Spannung: „Und? Was hast Du gemacht?“ „Was hätte ich schon tun sollen? Ich verabschiedete mich und ging nach Hause.“


Grandforth war ein alter Mann, selbst für Elfenmaßstäbe und war schon immer Bürgermeister in Haggash, sofern man bei einem Dorf wie Haggash überhaupt von einem Bürgermeister sprechen kann. Er kümmerte sich halt um alles, was eine führende Hand brauchte. Seine Kinder waren schon lange weggezogen, seine Frau war vor Jahrzehnten verstorben und seine wichtigste Aufgabe war es, die regelmäßige, wöchentliche Ankündigung der Zuständigkeiten für Müll und Post an der alten Buche auszuhängen. Und ganz gelegentlich über eine Meinungsverschiedenheit zu richten. Seine zögerliche Art war seinem Amt ganz und gar unangemessen, aber solange Probleme wie ein Wilddieb oder ein Rudel Wölfe das schlimmste waren, was Haggash widerfuhr, konnte man solche sehr gut aussitzen und einfach warten, bis das Problem von selbst wieder verschwand. So war es auch nicht sonderlich überraschend, dass er die von den Bürgern als potentielles Problem verstandene Ankunft einer Gruppe von langnasigen Neugierigen, geflissentlich ignorierte und darauf wartete, dass sie von selbst wieder gingen. Das Schicksal hatte jedoch diesmal andere Arten der Problemlösung vorgesehen. Diese hießen Xannry, Liali, Durrak, Imogen und Yue Fei.


Gleich nach dem Frühstück zogen sich Zurgin und Xander wieder auf ihr Zimmer zurück. Zurgin war noch immer nicht über seine zweimalige Bewusstlosigkeit hinweg und Xander hatte sich in dem gestrigen Regen eine kräftige Erkältung geholt, etwas was eines Paladins von Lathander völlig unwürdig war, daher verkroch sich der heilige Mann lieber ebenfalls und versuchte angestrengt, gesund zu werden. Derweil brachen die fünf anderen auf in Richtung Haggash.

Da es immer noch wie aus Kübeln regnete, trafen sie auch niemanden auf dem Weg, sondern gelangten ohne Verzögerungen ins Dorf. Auf der gegenüberliegenden Seite erhob sich der fensterlose Umriss der Abtei und genau darauf steuerten die Amateurdetektive auch zu. Als sie dabei an Dreabs Gemischtwarenladen vorbei kamen, nahmen die empfindlichen Ohren von Imogen trotz des lauten Regens einen dumpfen Seufzer wahr. Umgehende Nachforschungen ergaben einen verlassen wirkenden Laden, dessen vordere Fensterscheibe jedoch eingeschlagen worden war.

Da die vordere Türe nicht abgeschlossen war, betraten die Kameraden schnell den Eingangsraum und entdeckten den Besitzer des Ladens. Der Mann war schon deutlich jenseits seiner Blütezeit und trug Schlafkleidung. Auf seinem Kahlkopf zeichnete sich eine lange Narbe ab, weitere Beulen und blaue Flecken waren ebenfalls zu erkennen. Seine Hände und Füße waren zusammengebunden und gerade als Xannry als letzter den Raum betrat, wachte der Verletzte aus seiner Bewusstlosigkeit auf. „‘iewe!“, rief er durch den Knebel, seine Augen plötzlich weit aufgerissen. „‘ie ‘abe‘ ‘ei‘e welg‘eue ‘eglau‘. ‘ie ‘abe‘ ‘ich ‘ein ‘eliche‘, a‘e ig ‘aw ‘ie ‘ehör‘! A‘ En‘e wa‘en ‘ie wu wie‘e.“ Während sich Imogen und Xannry um den Mann kümmerten, ihm die Fesseln und vor allem den Knebel abnahmen und auf einen Stuhl halfen, suchten Yue Fei, Liali und Durrak bereits die Spuren des Überfalls nach verräterischen Details ab.

In der Tat wurde Liali im Lager fündig, wo sich einige Federn befanden. Nun wurde ihr auch endlich klar, von welcher Abstammung die Eindringlinge sein könnten. Sogenannte Kenku, menschenähnliche Vogelwesen, aufrecht gehend, aber der menschlichen Sprache nicht mächtig, waren im Königreich zwar, Lialis Meinung nach, nur selten gesehen worden, aber dennoch hatte sie schon von ihnen gehört und die bisherigen Beschreibungen der Neuankömmlinge passten recht gut auf diese Wesen. Die Kenku hatten Vogelköpfe und demnach Schnäbel im Gesicht, die man durchaus mit langen Nasen verwechseln konnte, außerdem hatte laut übereinstimmenden Berichten noch niemand ein Wort mit den Neulingen gewechselt. Das passte wie die Faust aufs Auge.

Dreab hatte sich nach einigen Minuten so weit erholt, dass man mit ihm normal sprechen konnte und er wiederholte nochmals die unschönen Vorgänge, an die er sich erinnern konnte. „Hässliche, grausame Männer haben mir einfach eine über den Kopf gezogen. Es war furchtbar…“ Eine kleine Inventur seines Lagers ergab, dass die Diebe wohl tatsächlich nicht an Bereicherung interessiert gewesen waren, denn lediglich billige Schaufeln und Pickel fehlten, deutlich teurere Gegenstände, die sogar einfacher zu transportieren waren, waren offenbar keines zweiten Blickes gewürdigt geworden. Was auch immer die Kenku in Haggash mit Hilfe der Werkzeuge erreichen wollten, es schien ihnen wichtig genug zu sein, Gelegenheiten zur persönlichen Bereicherung zu ignorieren. So hatte Dreab nach wie vor einige versilberte Waffen in seiner sonst eher bescheidenen Auslage, die er den Gefährten mit Rabatt im Fall der Aufklärung des Diebstahls anbot.

Unfreundlicher Empfang

Nachdem Dreab wieder soweit hergestellt war, dass er völlig eigenständig agieren konnte, verabschiedeten sich die Kameraden und setzten ihren Weg zur Abtei fort. Dort angekommen, vernahmen sie ebenfalls Geräusche, wie sie von Schaufeln und Hacken in sandiger Erde verursacht werden und klopften an der Türe. Als die Grabungen auch diesmal umgehend stoppten, dauerte es nur kurz und ein Mann, der sich als Dosol vorstellte, öffnete die Türe. Obwohl die Gruppe sich angesichts des sintflutartigen Regens den Zutritt zur Abtei redlich verdient gehabt hätte, wimmelte sie Dosol mit der seltsamen Begründung einer Renovierung und daher eingeschränktem Zugang zu den Gebetsräumen ab und ließ auch nicht besonders gut mit sich verhandeln. Um nicht unhöflich zu erscheinen, lenkten Durrak und seine Begleiter ein und ließen dem Abt für den Moment seine gewünschte Ruhe.

Stattdessen erkundigten sie sich bei den wenigen Dörflern, die sich trotz des Regens auf die Straße trauten, ob Dosol denn Familie in Haggash habe und bekamen ein Haus gegenüber gezeigt. Ein Kurzbesuch bei der dort wohnhaften Frau ergab, dass Dosol wohl schon öfter die Nacht in der Abtei verbracht hatte. Es gab aus dieser Richtung zumindest keinerlei Hinweise auf eine gewaltsame Einmischung Dritter. Konnte es sein, dass Dosol von etwas oder jemandem verzaubert worden war und unter einem Zwang stand?

Den zweiten Versuch, höflich Zutritt zu der Abtei zu bekommen, ersparten sich die Recken und schickten gleich Liali vor, die mit Hilfe von Dietrichen das Schloss der Vordertüre – die Abtei hatte ja keinerlei Fenster – in wenigen Minuten geknackt hatte. Hinter der Türe befand sich ein Vorraum mit zwei Türen, die beide geschlossen waren. Lange Zeit waren sich die Streiter uneins über die beste Vorgehensweise, offenbar fehlte einfach die führende Hand eines Xander oder die frisch-fröhliche Naivität eines Zurgin, um zielstrebig die inneren Räume anzusteuern. Als plötzlich Geräusche hinter der südlichen Türe auszumachen waren, versteckten sich alle außer Xannry hinter irgendwelchen Möbeln… aber niemand tauchte auf. Letztlich verlor Xannry als erster die Geduld, überredete Liali, ihn beim weiteren Vordringen zu begleiten und öffnete die Türe zu den hinteren Räumen.

Dort befand sich Dosol in Begleitung zweier Kenku und versuchte ein letztes, verzweifeltes Mal, die Helden davon zu überzeugen, besser nicht weiter einzudringen, als auch schon der Kampf ausbrach. Die beiden Kenku im Raum suchten sich das zierlichere Opfer aus und streckten mit zwei gezielten Schwertschlägen Liali zu Boden. Ein völlig erschütterter Dosol griff wie ferngesteuert in seine Gürteltasche und brachte einen Heiltrank hervor, den er Liali vorsichtig einflößte, während Xannry seine fliegenden Gewichte auf die beiden Angreifer lenkte und eine erste Duftmarke setzte. Von außerhalb des Raumes griffen nun auch Imogen mit ihrem Bogen und Yue Fei mit Wurfsternen in den Kampf ein, während Durrak sich dem Kampfgeschehen erst noch zuwenden musste. Er hatte sich nämlich kurz zuvor einen anderen Raum angesehen und von Xannrys Ansinnen zunächst nichts mitbekommen. Als er in den Kampf eingriff und versuchte, den leblosen Körper Lialis zu schützen, waren die beiden Schnabelwesen bereits stark verwundet und er verpasste einem der beiden den Todesstoß. Als auch der zweite sein Lebenslicht auslöschen musste, trafen aber bereits weitere Kenku im Raum ein, die sich von den Kellerräumen aus über eine Wendeltreppe in Stellung brachten.

In diesem Moment stürzte sich auch Yue Fei mit ihren Beilen in den Kampf. Ihr Plan war, den von Pfeilen bereits verwundeten Kenku, der eben den Treppenabsatz erreicht hatte durch einen Sturmangriff wieder in den Keller zurückzuschicken, auf ihrem Anlauf hatte sie aber den Flügel des bereits gefallenen Kenku übersehen, stolperte und flog in hohem Bogen auf ihren Gegner zu, der seinerseits die Waffe viel zu spät in Stellung bringen konnte und mit seiner Schulter die heran fliegende Yue Fei begrüßte, so dass ihr Plan dank großherziger Mithilfe des Angegriffenen doch noch Früchte trug und der bemitleidenswerte Kenku rücklings in seinen Tod stürzte. Auch der zweite herannahende Kenku war schnell unschädlich gemacht und das Vorrücken in die Kellergewölbe war gesichert. Dosol hatte sich inzwischen in einen anderen Raum zurück gezogen und komplett aus der Schusslinie gebracht.

Im Keller angekommen, bot sich ein neues Bild. Während zwei Kenku mit Spitzhacke und Schaufel hoch motiviert ein Loch in den Boden trieben, versuchten die restlichen, jegliches Vorwärtskommen der Helden zu verhindern. Mit Hilfe eines magisch erzeugten Spinnennetzes, was selbst einen göttlich gewachsenen Durrak fast eine halbe Minute an Ort und Stelle festsetzte, sowie durch ein Kreuzfeuer aus ihren Kurzbögen schafften die Kenku auch den nötigen Zeitgewinn, um den Durchbruch in einen unterirdischen Gang zu schaffen, den zwei der fünf auch für die Flucht nach vorne nutzen wollten, während die anderen im vergeblichen Versuch, die nun besser organisiert agierenden Helden zu stoppen, ihr Leben verloren.

Die Verfolgung der beiden Ausreißer war kein Hexenwerk mehr, da sich die Vogelwesen bereits an einer abgeschlossenen Türe die Schnäbel ausbissen und leichte Beute für Xannry und Yue Fei wurden. Während Imogen mit Hilfe von Durrak die beiden nach allen Regeln der Kunst fesselte, probierte Liali ihre Künste an der wohl als Schleuse unter dem Bach eingesetzten Türe und war erfolgreich. Ein deutlich vernehmbaren Klicken öffnete den Blick auf eine zweite Türe, die aber nur ge- und nicht verschlossen war. Dahinter setzte sich der Gang fort bis in eine Gruft mit dem Grab Durhams, dessen Vorraum jedoch einen Gegenstand enthielt, der den Helden Anlass zu einem ehrfürchtigen Durchatmen bot.

Glänzender Anblick

Die silbrig schimmernde Kugel vermittelte auch ganz ohne Zuhilfenahme von Hellseherei den Eindruck, ein ganz außergewöhnlicher, ohne Frage magischer Gegenstand zu sein. Gefesselt von dessen Anblick verweilten die Recken für mehrere Minuten in stiller Andacht, bevor Imogen ihre Hand nach der Kugel ausstreckt. Mit einem leisen, aber vernehmbaren Summen leuchtet die Kugel auf und wie von Geisterhand heilten Imogens Wunden innerhalb von Sekunden völlig aus. Genauso erging es kurz darauf Xannry und Durrak und auch Liali wurde auf magische Weise von ihren Schmerzen und ihren Verletzungen befreit. Yue Fei, die als einzige den Kampf ohne Blessuren überstanden hatte, betrachtete die Szene mit respektablem Sicherheitsabstand und sah, wie mit einem Mal die Konturen der Kugel unscharf wurden, wie die eindrucksvolle Kugel immer transparenter wurde. „Achtung, die Kugel löst sich auf!“ Imogen reagierte am schnellsten und griff instinktiv nach der Kugel, aber ihre Hand berührte nur noch von Licht erfüllte Luft, die Kugel hatte sich bereits in andere Sphären verabschiedet. Und dann, kurz nachdem auch das Licht endgültig verschwunden war, hörten die Zurückgebliebenen einen seltsam außerirdischen Klang, zu dem der Boden erzitterte und Staubwolken erzeugte, als hätte die Erde gebebt.

Den Staub abgeklopft und wieder zurück in der Kleinstadt Haggash wurde den Abenteurern noch die versprochene Belohnung zuteil und ein weiterer kostenloser Aufenthalt im Gasthof Traveller‘s Boon war natürlich eine Selbstverständlichkeit. Verbleibende Kenku wurden aus der Region verbannt und flüchteten noch am gleichen Tag.

Rhunath und die Reise nach Osten

Die Reise geht weiter nach Rhunath, wo zunächst kein durchschlagender Erfolg möglich ist.

Informationen/Gerüchte:
Menschen greifen elfische Siedlungen an
80% der Waffen werden in die Kasernen einbezogen
Wir finden keine Informationen heraus, wie wir eine Audienz beim König erlangen
Im Südosten des Elfenlandes ist anscheinend schon Krieg an der Kornkammer ausgebrochen
Wir bekommen einen offiziellen Auftrag von Hofmarschall des elfischen Königs:
Farleigh’s Well liefert keine Grundnahrungsmittel mehr seit einigen Tagen, wir sollen herausfinden, wieso es so ist. Wir haben eine Frist von sieben Tagen.

Imogen läßt sich lieber nicht sehen, die anderen erfahren, dass der König durch die Zwischenfälle an der südlichen Grenze für Zufallsbesucher keine Zeit hat und die wöchentliche Audienz auf Monate hin ausgebucht ist. Eine Prioritätsanpassung wäre unter Umständen über eine erfolgreiche Untersuchung der Nachschubprobleme denkbar, die derzeit die Getreidelieferungen aus dem Osten zum Erliegen gebracht hat. Die Gruppe entschliesst sich dazu, eine Reise nach Farleigh’s Well zu unternehmen, um der Sache auf den Grund zu gehen.

Unsere Gruppe kauft ein wenig Ausrüstung, schnelle Pferde und reiten los. Wir kommen an dem Dorf an und sehen drei Waffen vor dem Tor stehen. Als wir reingehen wollen, stürmen einige Wölfe auf uns zu! Der Kampf ist aufreibend, aber ohne große Verluste können wir das Rudel bezwingen.

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